Von Moorleichen und anderen schweren Gedanken

Lieg ich so da, eingepackt wie eine Moorleiche. Unter mir die pechschwarze, recht gschmackig riechende Erde, die sich Torf nennt, über mir Tücher und eine dicke Folie. Ich erhoffe mir Linderung meiner Muskelschmerzen im unteren Rücken und als kleine Draufgabe vielleicht auch so eine leichte Konservierung, wie man sie bei den Moorleichen bestaunen kann.

Ich richte mich gerade her um gemütlich wegzudämmern, da holt mich eine heftige Diskussion zwischen einem jüngeren und einem älteren Kurgast in die kontroverse Welt von Corona und Maskenpflicht zurück:

Junger Kurgast nenne wir sie hier Anna:  Bitte setzen Sie die Maske auf, das ist hier im ganzen Haus Pflicht!
Älterer Kurgast – wir nennen ihn hier Franz: So ein Affentheater mit dieser depperten Maske, da werden manche Leute noch blöder, als sie eh schon sind.
Anna: Wie meinen Sie das? Ich trage die Maske in meiner Arbeit den ganzen Tag.
Franz: Ja, das meine ich ja, das ist doch eine totale Belastung, eine Einschränkung der persönlichen Freiheit und gsund ist das auch nicht, wenn ich bei jedem Atemzug nur mehr 25% Sauerstoff zur Verfügung habe.
Anna: Das ist doch Jammern auf hohem Niveau, wenn Sie mit dem Auto oder dem Flugzeug unterwegs sind, schnallen Sie sich an. Wenn Sie Motorrad fahren, setzen Sie einen Helm auf.
Franz: Mit all diesen Sicherheitsmassnahmen schützen Sie sich ja wohl selbst, und die Schwere eines Unfalles wird hoffentlich gemildert. Mit der Maske – das sollte sich jetzt bis zum letzten gehorsamen Bürger durchgesprochen haben, schützen Sie Ihr Gegenüber, vorausgesetzt Sie haben eine Maske, die nicht seit Tagen in der Tasche zusammengewuzelt und angesabbert das zwangigste Mal hervorholen und immer wieder aufsetzen. Ich bin ja überwältigt, dass so viele Menschen die Maske aus Rücksicht auf „ANDERE“ so brav aufsetzen, meint Franz mit einem süffisanten Lachen….
Niesen und Husten traut sich heutzutage ohnehin niemand mehr und wenn der Abstand eingehalten wird, ist auch das kein Problem.

Kurz und Gut mit dem Gezeter ist Schluss, nachdem die dann doch etwas sprachlose Anna von einer Therapeutin abgeholt wird.
Mein geplantes Nickerchen fällt nun endgültig aus, so kann ich gleich ein wenig nachdenken.
Die Maske erregt die Gemüter.

Wer sind nun die besseren Menschen frag ich mich in dem Dunst aus Wärme und Moorgest ….geruch ?

Sind es die, die gehorsam befolgen was von Regierungsseite befohlen wird und hinter diesen Bestimmungen verlangen und einfordern, dass sich alle daran zu halten haben und wenn nicht, ermöglichen Gesetze oder aber auch doch kein Gesetz, wie der OGH mit seinem Urteil zeigte, Anzeigen und Denunziation? Und was macht das mit uns? Was macht das mit unserer Gesellschaft? Vor allem aber, was macht diese Angst mit unseren Jugendlichen und Kindern? Mit unserer Zukunft, die diesen Wust aus Schulden zu bezahlen hat?

Oder sind es die, die nicht jede Bestimmung hinnehmen und aufbegehren?
Sind es die, die um Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung kämpfen und immer wieder mit der Aussage konfrontiert werden. „Die Leute sind zu blöd, zu verantwortungslos, zu selbstsüchtig. Die Leute halten sich nicht einfach nur an Empfehlungen, denen muss man mit rigorosen Strafen begegnen, sonst haben wir in kurzer Zeit ein medizinisches Desaster.
Aber stimmt das wirklich? Und wer sind DIE LEUTE??????

Ich persönlich glaube, dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die total ignorant ja sogar provokant sind. Ich  fühle mich auch nicht bemüssigt, meinen Mitmenschen zu sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben.  Mir begegnen in unseren Studios sehr viele Menschen jeder Altersgruppe und alle, wirklich alle gehen sehr verantwortungsbewusst mit diesen Themen um.

Ja, es gibt Menschen, die große Angst haben, aber berechtigt die eigene Angst dazu, dem Anderen zu sagen was er oder sie zu tun oder zu lassen hat?
Ja, es gibt leider sehr viele Menschen, die unter die Kategorie gefährdete Personengruppe fallen, doch habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Leute sehr genau wissen, wie sie sich vor einer möglichen Ansteckung schützen.

Unser 90 jähriges Omilein sagt: „wenn ich dich nicht hoppern kann, wenn ich dir nicht bussi geben darf, dann ist es besser, wenn ich für immer geh“

Der Wecker klingelt unsanft und holt mich aus meinen Gedanken. Die Therapeutin startet herein, packt mich aus, schickt mich unter die Dusche und rubbelt mir die Moorreste aus der Pofalte.

„Ich würde jeden Anzeigen, der sich nicht an die Bestimmungen hält“ habe ich schon so oft auf meine entsprechende Frage bei so manch einer Maskendiskussion gehört und irgendwie beschleicht mich dann immer ein recht schweres ja ungutes Gefühl. Machen doch solche  Aussagen ganz häufig  junge Menschen von kaum einmal  25 Jahren………